kurz und bündig Ausgabe 172


Magazin "der rechte rand" Ausgabe 172 - Mai 2018

Dortmund
Dortmund. Am 14. April 2018 haben sich in Dortmund rund 600 Neonazis zu einem Aufmarsch der Partei »Die Rechte« unter dem Motto »Europa erwache!« versammelt. Als Redner traten Sven Skoda, Udo Voigt und Sascha Krolzig auf, daneben gab es Grußworte ausländischer Delegationen. Neonazis aus Bulgarien, Russland, Ungarn, Frankreich, Belgien und Norwegen nahmen teil. Gegen den Aufmarsch demonstrierten rund 5.000 Menschen.

AfD Niedersachsen mit neuem Vorstand
Braunschweig. Am 8. April 2018 hat der niedersächsische Landesverband der »Alternative für Deutschland« (AfD) Dana Guth zur neuen Vorsitzenden gewählt. Sie gewann in einer Kampfabstimmung gegen den bisherigen Vorsitzenden Armin-Paul Hampel. Im Januar war er vom Bundesvorstand wegen andauernder Konflikte mit seinen innerparteilichen GegnerInnen abgesetzt worden. Der eingesetzte Notvorstand hatte bei einer Sonderkassenprüfung zudem Unregelmäßigkeiten festgestellt. Über 27.000 Euro seien ohne Belege ausgegeben worden, teilte der Bundesrechnungsprüfer auf dem Parteitag mit. Hampel bestritt die Unrechtmäßigkeit der Ausgaben, obwohl er bereits in der Vergangenheit Parteigelder für private Zwecke genutzt haben soll und seine Wohnung sowie die Geschäftsstelle daraufhin durchsucht worden waren. Gegen den Parteitag in der Stadthalle Braunschweig protestierten rund 600 Menschen unter dem Motto »Nein zu Rechtspopulismus und Rassismus«.

IfS-Kongress
Magdeburg. Am 14. April 2018 hat das »Institut für Staatspolitik« (IfS) einen »Staatspolitischen Kongress« unter dem Motto »USA unter Trump – wie weiter, Europa?« abgehalten. Der Kongress war mit 250 TeilnehmerInnen ausverkauft. Als Ort wurde Magdeburg ausgewählt, da hier die bislang stärkste Fraktion der »Alternative für Deutschland« sitze und dies ein Grund sei, »die Verbindung zwischen Politik und Metapolitik zu festigen«. Erik Lehnert hielt die Eröffnungsrede, an einer Podiumsdiskussion nahmen Manuel Ochsenreiter, Martin Lichtmesz und Benedikt Kaiser teil. Jared Taylor, »White-Supremacy«-Verfechter und Mitbegründer des »National Policy Institute«, das inzwischen von »Alt-Right«-Begründer Richard B. Spencer betrieben wird sowie der schottische »Alt-Right«-Aktivist und YouTuber Millenial Woes waren ebenfalls angekündigt. Das Abschlusspodium moderierte Ellen Kositza, daneben sprachen Sophie Liebnitz, Caroline Sommerfeld und F. Roger Devlin.

Razzien bei »Reichsbürgern«
Am 8. April 2018 haben erneut Razzien bei »Reichsbürgern« stattgefunden. Spezialkräfte durchsuchten Wohnungen von acht Verdächtigen in Brandenburg, Berlin und Thüringen. Ihnen wird vorgeworfen, seit 2017 eine Partisanenarmee aufzubauen und dafür Waffen besorgt und Depots angelegt zu haben. Am Tag der Durchsuchung hätte ein größeres Treffen stattfinden sollen, die ermittelnden Behörden hatten jedoch keine Kenntnis über den Ort. Die Polizei beschlagnahmte Datenträger, es wurden keine Waffen gefunden, es gab keine Festnahmen. Derzeit gibt es Verdachtsfälle im »hohen zweistelligen Bereich« über die Zugehörigkeit von PolizistInnen, BundespolizistInnen und Bundeswehrangehörigen zur schätzungsweise 16.500 Personen umfassenden »Reichsbürger«-Szene.

»Schild und Schwert«-Festival
Ostritz. Am 20. und 21. April 2018 haben etwa 1.200 Neonazis am »Schild und Schwert«-Festival unter dem Motto »Reconquista Europa« in der sächsischen Kleinstadt Ostritz teilgenommen. Veranstaltet wurde das Event von Thorsten Heise auf dem Gelände des Hotels Neißeblick. Zahlreiche RechtsRock-Bands traten auf, daneben gab es Reden von NPD- und »Die Rechte«-Funktionären und ein »kulturelles Rahmenprogramm« mit Verkaufsständen, einer Tattoo-Convention sowie einem Freefight-Wettbewerb. Insgesamt seien laut Polizei 70 Straftaten und sieben Ordnungswidrigkeiten gezählt worden. Laut AugenzeugInnen wurde mehrfach der Hitlergruß gezeigt und »Sieg Heil«-Rufe waren zu hören. An Gegenprotesten nahmen mehrere Tausend Menschen teil, die Veranstaltung »Rechts rockt nicht« musste wegen der »unübersichtlichen Sicherheitslage« jedoch vorzeitig abgebrochen werden. Am 2. und 3. November diesen Jahres soll eine Wiederholung des Neonazi-Events stattfinden unter dem Motto »Organisierten Willen in die Parlamente tragen«.

1. Mai 2018
»Der III. Weg« konnte unter dem Motto »Kapitalismus zerschlagen – Für Familie, Heimat und Tradition!« 700 TeilnehmerInnen nach Chemnitz mobilisieren. In Erfurt traten NPD und »Die Rechte« mit ebenfalls 700 TeilnehmerInnen auf unter dem Motto »Soziale Gerechtigkeit für alle Deutschen – Die etablierte Politik macht Deutschland arm!«. Die »Alternative für Deutschland« (AfD) hatte bereits am Vortag zu einer Kundgebung in Zwickau mobilisiert. 1.000 Menschen kamen zu »Mut für Deutschland«, um unter anderem Björn Höcke zu hören. Am 1. Mai veranstaltete die AfD Familienfeste in Berlin-Pankow und in Neubrandenburg. Kundgebungen der Partei gab es in Cottbus (450 TeilnehmerInnen) und in Eisenach (250 TeilnehmerInnen), auch hier war Björn Höcke Redner. Beide Veranstaltungen standen unter dem Motto »Sozial ohne rot zu werden«. In Querfurt versammelten sich 190 Menschen hinter dem Transparent »Hol Dir Dein Land zurück« der AfD.


Toter Neonazi I

Colorado / USA. Der US-amerikanische Neonazi Gary Lee Yarbrouth ist in der Nacht vom 1. auf den 2. April 2018 im Alter von 62 Jahren verstorben. Er war zunächst der persönliche Bodyguard von »Aryan Nations«-Gründer Richard Butler. In den 1980er Jahren gehörte Yarbrouth zur Führungsriege der militanten extrem rechten Gruppierung »The Order«, auch »Silent Brotherhood« genannt. Die etwa 30-köpfige Gruppe verübte nach dem Vorbild des »führerlosen Widerstands« zwischen 1983 und 1985 zahlreiche Überfälle auf Polizeistationen, Militärdepots sowie auf Banken und Geldtransporter, um sich zu finanzieren. 1984 ermordeten sie den jüdischen Radiomoderator Alan Berg. 1985 wurde »The Order«-Gründer Robert Mathews in einem 36-stündigen Feuergefecht mit dem FBI erschossen, mehrere Mitglieder wurden festgenommen, darunter Yarbrouth. Er war vor 30 Jahren wegen mehrfachen versuchten Mordes, illegalen Waffenbesitzes und Raubüberfällen zu 60 Jahren Haft verurteilt worden, 2024 sollte er vorzeitig entlassen werden. Neonazis aus Europa hatten sich immer wieder positiv auf die Gruppe bezogen und sich für die Entlassung der inhaftierten Mitglieder eingesetzt. Auch deutsche Neonazis kondolierten via Facebook.

Toter Neonazi II
Sopron / Ungarn. Am 7. April 2018 ist der österreichische Neonazi Gerd Honsik in seiner Wahlheimat Ungarn im Alter von 76 Jahren gestorben. Honsik kam aus einer nationalsozialistischen Wiener Familie und war ein enger Vertrauter von Otto Ernst Remer. In den 1960er Jahren war er an Anschlägen, unter anderem auf die italienische Botschaft beteiligt, wofür er eine Haftstrafe bekam. Ab 1967 agierte er als führendes Mitglied der inzwischen verbotenen NDP (»Nationaldemokratische Partei«). Er war in mehreren extrem rechten Redaktionen tätig, zwischen 1986 und 1989 gab er die Zeitschrift »Halt«, 1988 das Buch »Freispruch für Hitler« heraus, worin er die Existenz der Gaskammern von Auschwitz und die Shoah leugnet. Im Mai 1992 wurde er deswegen zu einer eineinhalbjährigen Haftstrafe verurteilt. Um sich seiner Verhaftung zu entziehen, floh er nach Spanien und hielt in dieser Zeit Kontakte zur europäischen Neonazi- und Holocaust-LeugnerInnen-Szene. 2003 gründete er den 2008 verbotenen »Verein zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocaust Verfolgten« (VRBHV) mit. Erst 2007 wurde er nach Österreich ausgeliefert und zu mehreren Haftstrafen verurteilt, jedoch 2011 auf Bewährung entlassen. Im Internet kondolierten auch zahlreiche aktive FPÖ-PolitikerInnen.

Ungarn nach der Wahl
Budapest / Ungarn. Bei den Parlamentswahlen in Ungarn am 8. April 2018 hat die »Fidesz«-Partei von Ministerpräsident Viktor Orbán 49,6 Prozent der Stimmen und 133 der 199 Sitze im Parlament erlangt. Die extrem rechte »Jobbik«-Partei kam auf 19,4 Prozent und bekommt 26 Sitze. Die sozialistische Partei MSZP erhielt 20 Mandate, die grüne LMP neun und die links-liberale DK acht Mandate. Orbán kann nun in seiner vierten Amtszeit mit einer verfassungsändernden Zweidrittelmehrheit regieren. Unter anderem gratulierten ihm Geert Wilders und Marine Le Pen zu seinem Wahlerfolg. Am 14. April protestierten in Budapest etwa 100.000 Menschen unter dem Motto »Wir sind die Mehrheit« gegen die Wiederwahl von Orbán und verlangten unter anderem eine Neuauszählung der Stimmen. Eine Woche später fand erneut eine Demonstration zehntausender Menschen statt, die Orbáns Medienpolitik und ein neues NGO-Gesetz kritisierten.

»Migrantenschreck«-Betreiber verhaftet
Budapest / Ungarn. Am 28. März 2018 ist der Betreiber des Waffen-Onlineshops »Migrantenschreck«, Mario Rönsch, in Ungarn verhaftet worden. Seit mehr als einem Jahr ermittelte die Berliner Staatsanwaltschaft wegen illegalen Waffenbesitzes in 193 Fällen und hatte einen europäischen Haftbefehl ausgestellt. Der Online-Shop richtete sich vor allem an Kunden aus Deutschland, Österreich und der Schweiz und warb mit rassistischen Sprüchen gegen Geflüchtete für diverse Schuss- und Schreckschusswaffen. Gegen Rönsch war in der Vergangenheit bereits mehrfach ermittelt worden, unter anderem wegen Volksverhetzung, da er Werbevideos zeigte, in denen auf Politiker geschossen wird.

»Identitäre« in Bewegung
London / Großbritannien. Am 14. und 15. April 2018 hatten AktivistInnen der »Identitären Bewegung« (IB) mit dem britischen Ableger »Generation Identity« (GI) eine europäische Vernetzungs-Konferenz mit Kundgebung in London geplant. Nachdem ihnen die Räumlichkeiten in London gekündigt worden waren, wichen sie in die nahegelegene Stadt Kent aus. Ihr Treffpunkt wurde auf Twitter veröffentlicht, woraufhin AntifaschistInnen anreisten und das Treffen vorzeitig beendeten. Am Sonntag sollten VertreterInnen der Kampagne »120dB« im Hyde-Park sprechen. AntifaschistInnen organisierten eine Demonstration, die Polizei musste die »Identitären« zu ihrem Treffpunkt, einem Pub, eskortieren. Als der Wirt erfuhr, wer seine Gäste sind, setzte er sie vor die Tür und spendete das bis dahin eingenommene Geld an die Flüchtlingshilfe. Bereits im Vorfeld war den IB-Aktivisten Martin Sellner und Abel Bòdi (Ungarn) die Einreise verwehrt worden.